Die COHAT
Durch COHAT (Englisch: complete oral health assessment and treatment; deutsch: umfassende Beurteilung und Behandlung der Mundgesundheit) werden die Erkrankungen der Maulhöhle und ihr Ausmaß genau erkannt und therapiert.
Behandlungsziele der COHAT sind:
• Beseitigung/Behandlung lokaler Entzündungen
• Wiederherstellung der Mund- und Allgemeingesundheit
• Tempo und Ausmaß der Parodontose auszubremsen
• Grundlage für die weitere Oralhygiene zu Hause
Ablauf einer COHAT
1. Sicherheit
Klinische Untersuchung und eventuelle Laboruntersuchungen oder weiterführende Untersuchungen (Röntgenaufnahmen, Ultraschalldiagnostik) helfen uns im Vorfeld, den Gesundheitsstatus des Patienten gut einzuschätzen und somit das Narkoserisiko zu minimieren.
Inhalationsnarkose mit Monitoring (dauerhafte und fortlaufende Überwachung des Patienten) und Wärmezufuhr sind Standard jeder Zahnbehandlung.
2. Zahnreinigung
Gründliche Entfernung der Zahnbeläge mittels Ultraschall und Reinigung der Zahnzwischenräume und Zahnfleischtaschen ist die Basis jeder weiteren Behandlung der Maulhöhle.
3. Dentalröntgen
Kein Dentalröntgen – keine Zahnheilkunde! Laut Studien werden bei 27,8% aller Hunden und 41% aller Katzen wichtige Befunde ohne Röntgen übersehen. Panoramaröntgen sind bei Katzen und Hunderassen mit Prädisposition für die Parodontose obligat.
4. Subgingivale Behandlung
Eine bloße Reinigung der Zahnkronen ist nicht sinnvoll und hat nur einen eher kurzen kosmetischen Effekt. Wichtig hierbei ist vor allem die subgingivale Kürettage (eine parodontale Therapie), bei der die Zahnfleischtaschen gereinigt und das chronisch entzündete Gewebe entfernt wird. In diesen Taschen sammeln sich die meisten Futterreste und Bakterien, weshalb die Reinigung unerlässlich ist. Die Kosten für einfache, flache Taschen sind in der Zahnreinigung mit inbegriffen. Bei größerem Aufwand (z.B: Lappenoperation: chirurgische Eröffnung der Tasche, Wurzelplanung und Gingivaplastik) sind die Kosten dementsprechend höher.
5. Zahnextraktionen
Schmerzhafte Zähne, die sich trotz einer Reinigung und weiterer Therapie nicht erholen können und damit funktionslos sind, werden extrahiert.
6. Zahnprophylaxe
Bei der Abholung des Tieres werden die Befunde und Behandlung ausführlich erklärt und die geplante Therapie und Oralhygiene für zu Hause mit dem Tierhalter besprochen.
7. Kosten
Die Kosten für eine COHAT sind sehr variabel und hängen von den erhobenen Befunden ab. Über diese wird der Besitzer im Laufe der Behandlung (nach eingehender Untersuchung der Maulhöhle unter Narkose und Dentalröntgen) telefonisch informiert. In der Regel liegen die Kosten zwischen € 500 und € 1.500.
Die häufigsten Zahnprobleme
Parodontose
Mit einer Prävalenz von 80-85% ist die Parodontose ab dem zweiten Lebensjahr die häufigste Erkrankung bei Hunden und Katzen. Bei chronischen Zahnfleischentzündungen (meistens verursacht durch Zahnbeläge) kommt es zu einem Bindungsverlust des Zahnfleisches zur Zahnwurzel und somit zur Entstehung einer Wunde, einer parodontalen Tasche. Ohne Therapie werden diese Wunden immer tiefer und führen in Folge zu einem Kieferknochenschwund. Dies kann nur mittels Dentalröntgen dargestellt werden. Die Größe der Wunde ist entscheidend für die Therapiewahl.
Für die Wiederherstellung der Maulhöhlengesundheit bleibt die COHAT trotz immer neuerer Therapiemöglichkeiten essenziel und somit die Basis jeder weiteren Behandlung der Maulhöhle. Bei Einführung einer täglichen Zahnprophylaxe durch den Besitzer ist auch eine Knochenregeneration oder ein Knochenaufbau (Augmentation) möglich.
Zahnresorption
Die Zahnresorption ist eine komplexe Erkrankung der Zähne und des Zahnhalteapparates, mit meist schlechter Prognose. Betroffene Zähne, die im Laufe der Krankheit sehr schmerzhaft werden, sollen extrahiert werden.
Die Zahnresorption, bei Katzen auch als FORL (Feline Odontoklastische Resorptive Läsionen) bezeichnet, kommt leider auch bei Hunden oft vor. Dabei werden zwei Formen unterschieden: Einem entzündlichen (Typ1) und einem nicht entzündlichen (Typ2). Bei Typ1 ist die Ursache meist eine Zahnfleischentzündung (verursacht durch Zahnbeläge), bei Typ2 ist die Ursache unbekannt.
Bei Typ2 kommt es zum Ersetzten der Zahnsubstanz (zuerst nur an der Zahnwurzel) mit dem Knochen. Schmerzhaft wird der Prozess dann, wenn die Maulflora betroffen ist. Der Typ3 ist eine gemischte Form, bei dem beide Typen vorliegen. Weil durch Zahnresorption betroffenen Zähne (besonders Typ1 und Typ3) sehr schmerzhaft sind und eine Therapie in allermeisten Fällen erfolglos ist, wird zur einer Extraktion dieser Zähne geraten.
Zahnfrakturen
Die Zähne sind bei Hunden und Katzen noch viel wichtiger als für Menschen. Sie werden nur wenig für essen oder kauen verwendet, dafür umso mehr für das Greifen. Mit den Zähnen wird getragen, gejagt, gepflegt, zerhackt, verteidigt, gekratzt usw. Deshalb ist es essenziell für die Gesundheit und Schmerzfreiheit der Tiere, alle Zähne wenn möglich zu erhalten. Eine regelmäßige Zahnkontrolle bzw -behandlung ist deshalb unerlässlich.
Zahnfrakturen sind immer sehr schmerzhaft und sollen zeitnah versorgt werden. Durch eine Zahnfraktur kommt es zu einer Irritation der Zahnpulpa (Zahnmark), einer Pulpaentzündung (Pulpitis), dem Absterben der Pulpa (Pulpanekrose) und letztlich auch zum Eindringen der Bakterien bis zur Zahnwurzelspitze und somit zur Entstehung eines Wurzelgranuloms.
Wir unterschieden zwischen komplizierten (Zahnpulpa liegt frei) und nicht komplizierten (Zahnpulpa wird immer noch durch Zahnbein/Dentin bedeckt) Zahnfrakturen. Durch die freiliegende Zahnpulpa können Bakterien in das Zahninnere eindringen, weshalb eine Versiegelung nötig ist.
Bei einer komplizierten Zahnfraktur ist für den Zahnerhalt eine Zahnwurzelkanaltherapie notwendig. Diese Behandlung wird bei sonst gesunden Hunden und Katzen immer empfohlen. Bei frischen Frakturen (nicht älter als 48h) kann auch ein Pulpaerhalt (Vitaltherapie) durchgeführt werden. Dies ist vor allem bei jungen Tieren (unter einem Jahr) wichtig, da deren Zähne für eine Standardbehandlung noch nicht ausgereift sind.
Aus dem Wurzelkanal wird die entzündete oder abgestorbene Pulpa entfernt, innere Oberflächen des Wurzelkanals werden gereinigt, geformt und desinfiziert. Anschließend wird der entstandene Hohlraum mit einer Füllung versiegelt. Röntgenkontrollen erfolgen 6 Monate und 2 Jahre nach Behandlung.
Zahnfehlstellungen
Durch angeborene oder traumatische Zahnfehlstellungen können schmerhafte Zustände entstehen, welche schnellstmöglich behandelt werden sollten.
Wie bei Menschen ist eine orthodontische Zahnverschiebung (eine „Zahnspange“) auch bei Hunden und Katzen möglich. Die Behandlung wird individuell an das Tier angepasst und die richtige Therapie nach der eingehenden Untersuchung besprochen. Meistens ist mehr als eine Sitzung unter Narkose notwendig (Zahnabdrucke, Anbringen eines Zahnapparates, Nachjustieren, Entfernung etc.). Dabei steht die Funktionalität vor der Kosmetik.
Stomatits
Entzündungen der Maulhöhle über das Zahnfleisch hinaus bezeichnen wir als Stomatitis (von griechisch Stoma = Mund). Die häufigste Form ist der feline chronische Gingivo-Stomatitis Syndrom. Die Ätiologie der Erkrankung ist bislang unbekannt. Der Körper reagiert auf verschiedene Schleimhauterreger mit falscher Immunantwort. Die Katzen haben chronische Schmerzen und sollten engmaschig kontrolliert werden.